Handelsblatt, Anja Müller, Arno Schütze
Die Familienholding Näder will künftig wieder zu 100 Prozent Eigentümer des Prothesenherstellers Ottobock sein. Das erfuhr das Handelsblatt am Freitagabend von der Familie. Finanzieren möchte Näder den Rückkauf eines 20-Prozent-Anteils, der derzeit beim Finanzinvestor EQT liegt, mit Geld von privaten Kreditfonds. Mithilfe der Banken Goldman Sachs und Deutsche Bank ist die Familienholding gerade dabei, eine Finanzierung zu organisieren. Das Closing sei bereits bis Januar 2024 geplant. EQT und die Banken lehnten Stellungnahmen ab.
Das Jahr 2023 sei hervorragend gelaufen, sagte Mehrheitseigentümer Hans-Georg Näder. Firmenchef Oliver Jakobi habe mit seinem Führungsteam zweistelliges Wachstum erzielt. Die Zahlen für das Gesamtjahr sind noch nicht bekannt, Ende August hatte Ottobock für das erste Halbjahr 2023 ein Umsatzwachstum von 17 Prozent und ein Plus von 16 Prozent beim bereinigten Ebitda gemeldet. Darüber hinaus hatte das Unternehmen verkündet, 2023 erstmals die Marke von 1,5 Milliarden Euro überschreiten zu wollen.
Hans-Georg Näder führt den Verwaltungsrat von Ottobock. Der Vertreter von EQT im Gremium, Marcus Brennecke, werde das Gremium verlassen, während die anderen drei familienfremden Vertreter Stefan Heidenreich (stellvertretender Vorsitzender), Michael Kaschke und Joachim Kreuzburg dem Gremium erhalten blieben, hieß es. Zugleich gab der Unternehmer bekannt, dass seine Tochter Georgia die Verantwortung für das Frankreichgeschäft übernimmt.
Ottobock: Prothesenhersteller wollte 2022 an die Börse gehen Vor fast genau einem Jahr war bekannt geworden, dass die Private-Equity-Gesellschaft EQT den Verkauf ihres Anteils an Ottobock vorbereitet. Im Gespräch war damals der Weiterverkauf an einen anderen Investor, etwa einen Staatsfonds, zu einer Bewertung von fünf bis sechs Milliarden Euro. Im Mai 2022 hatte der Prothesenhersteller noch erklärt, im selben Jahr an die Börse gehen zu wollen. Wenig später verließen der damalige Vorstandschef Philipp Schulte Noelle und die Finanzvorständin Kathrin Dahnke dann aber das Unternehmen.
Das Börsenumfeld war bereits 2022 schwierig. 2023 änderte sich das kaum. Zuletzt hatte Birkenstock den Gang aufs Parkett in New York gewagt. Die meisten Börsengänge notieren aber unter dem Ausgabepreis, was auch auf die Stimmung weiterer Börsenkandidaten drückt. Investmentbanker bezweifeln, dass es in den nächsten Monaten viele IPOs geben wird. Die Vorbereitungen laufen dennoch. Unter anderem plant nach Informationen des Handelsblatts mit Sunrise Medical ein Rollstuhlhersteller einen Börsengang 2024.