Hans Georg Näder Kunsthalle -- Näders private Kunstsammlung

2023-01-19
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Hans Georg Näder gehört zu einer der schillerndsten Unternehmer in Deutschland. Die Ray-Ban Brille im Stile der 60-Jahre und ein bunter Schal gehören zum Wiedererkennungsmerkmal des „Prothesen-Königs".

Ebenso extravagant wie sein Auftreten ist auch seine Kunstaustellung: Die Hans Georg Näder Kunsthalle in Duderstadt. Hier zeigt er seine privaten Besitztümer. Für den einen mag es Protzerei und Angeberei sein, für Näder selbst sei die Etablierung eines Ortes für Kunst in Duderstadt eine „Herzensangelegenheit".

Kunsthalle über den Dächern der Stadt

Als heimatverbundener Mensch liegt die Hans Georg Näder Kunsthalle selbstverständlich im niedersächsischen Eichsfeld, genauer gesagt in seiner Heimatstadt Duderstadt im Karl-Wüstefeld-Weg. Am Rande des Sulbergs gelegen, bietet die Kunsthalle eine atemberaubende Aussicht über die Dächer von Duderstadt und dessen Altstadt.

Seit 2011 haben sich über 40.000 Gäste die privaten Kunstwerke des Ottobock-Vorstandschefs angeschaut. Die Galerie ist nur am Wochenende zwischen 11 und 20 Uhr für Besucher geöffnet. Der Eintritt in die Han Georg Näder Kunsthalle ist kostenlos. Die neuste Ausstellung „My Private Passion" war vom 25.09.2021 bis zum 18.12.2022 zu sehen.Kunsthalle HGN

Die Anfänge der Sammelsucht

Die Anfänge seiner Sammelphase gehen bis in die 1980er Jahre zurück. Näder, damals in seinen Zwanzigern und kurz vor Ende seines BWL-Studiums, erstand in New York seine ersten Werke: Polaroidaufnahmen des Fotografen Andy Warhol.

Warhol gehört zu den relevantesten und wichtigsten Künstlern seiner Zeit. Mit seinen Polaroids revolutionierte er die Popart, welche bis zur heutigen Zeit Bestand hat. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die „Shot Sage Blue Marilyn" oder die „Campell’s Soup Cans". Das Portrait von Marilyn Monroe aus dem Jahr 1964 ist dabei das teuerste Werk des amerikanischen Künstlers mit einem Wert von knapp 200 Millionen Dollar.

Hans Georg Näder vergleicht die Kunst mit der Sucht nach Schokoriegeln. Welche Ausmaße seine Kunstsammlung später einmal haben wird, wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht. Ebenso wenig hat er nicht mit der enormen Wertsteigerung der Bilder gerechnet. Berliner Morgenpost (12. Juli 2015)

Kaufen, was eben gefällt

Mit dieser Herangehensweise kauft der Multimilliardär seine Werke. Dem Rat eines Kurators folgt der Duderstädter dabei nicht. Er selbst entscheidet, was ausgestellt wird, und was nicht. Näder lebt zwischen Beratungsresistenz und Eigensinnigkeit in allen Lebensbereichen.

Das zeigt sich auch in seinem zweifelhaften Umgang mit ungemütlichen Interviews, in denen Kritik an ihn geübt wird. Statt gelassen und selbstsicher auf die Themen einzugehen, agiert er häufig kindisch und trotzig: Ein Welt Interview, in welchem er über die erneute Absage des geplanten Börsengangs 2022 befragt wurde, brach er einfach ab.

Die über 2000 Werke, welche in der Kunsthalle von Näder ausgestellt sind, reichen von Fotografien von halbnackten Frauen, über private Einblicke in das ehemalige väterliche Büro. Viele der Werke hat er auf zahlreichen Reisen erwerben können. Nach eigenen Angaben verbringt er über 200 Tage pro Jahr damit, sich die Welt anzuschauen, durch die Gegend zu reisen und Kunstwerke zu ersteigern.

Das Portfolio der Künstler ist enorm. Die Kunsthalle beinhaltet unter anderem Werke von Sigmar Polke, Andy Warhol oder Martin Kippenberger. Es gibt jedoch drei Künstler, welche in der Hans Georg Näder Kunsthalle eine ganz besondere Bedeutung haben.

Näders Favoriten

Es gibt drei Künstler, die einen höheren Stellenwert in der Kunstsammlung haben als die restlichen.

Zum einen wäre da Helmut Newton. Nach eigenen Angaben besitzt Näder über 140 Werke des australisch-deutschen Fotographen. Newton, Vertreter der Aktfotografie, ist bekannt für seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen, in denen häufig junge, attraktive Damen in Szene gesetzt wurden. Er lichtete auch deutsche Models wie Claudia Schiffer oder Heidi Klum ab. Näders erste Ausstellung im Dezember 2011 widmete er Helmut Newton und František Drtikol, welche beide als Pioniere ihres eigentümlichen Stils gelten. Wahrscheinlich ist es gerade diese Provokation, welche die Kunstliebhaber bis heute fasziniert.

Ein weiterer Favorit ist Norbert Bisky, einer der wichtigsten Maler und Vertreter des figurativen Stils der heutigen Zeit. Seine Werke zeigen Silhouetten von Personen, gemalt in schrillen Farben. Werke wie „Neozon" oder „Havaire" erzielten Auktionspreise von etwa 100.000 Euro. Näder und Bisky sind sogar gut befreundet. Als Gast auf einem 60. Geburtstag schenkte Nobert Bisky Näder ein Buch, welches mehrere Portraits von ihm beinhält. Ein passendes Geschenk für einen Mann, der sich selbst gern im Mittelpunkt sieht.

Der dritte auf der Liste, Neo Rausch, stammt wie Bisky ebenfalls aus Leipzig. Er aber verfolgt wieder einen ganz anderen Stil und ist der sogenannten „Neuen Leipziger Schule" zuzuordnen. Mit einem Versteigerungswert von 750.000 Euro belegt „Der Anbräuner" den ersten Platz auf der Liste der teuersten Werke der Lieblingskünstler.

Kunst und Konzernverluste

Man muss kein Genie zu sein, um sich auszurechnen, dass die Eröffnung einer modernen Kunsthalle in dieser Größe, laufende Kosten, Personalkosten und zu guter Letzt selbstverständlich auch die Kunstwerke an sich eine Menge Geld in Anspruch nehmen. Einnahmen durch Ticketverkäufe an Besucher gibt es nicht: Der Eintritt in die Hans Georg Näder Kunsthalle ist für alle Besucher kostenlos.

Näder ist bekannt dafür, die Trennung zwischen privatem und unternehmerischem Kapital nicht immer so eng zu sehen. Mehrmals stand der Duderstädter schon in der Kritik, da er immer wieder Geld aus dem Unternehmen genommen hat. Innerhalb der letzten zehn Jahre summierte sich der Gesamtbetrag auf fast eine halbe Milliarde Euro. Diese „Zusatzlöhne", wie Näder diese selbst betitelt, fließen in die privaten Projekte des 61-jährigen Ottobock-Chefs.

Zwar steigen die Unternehmensumsätze der Ottobock Gruppe seit mehreren Jahren, die Dividenden an sich selbst waren teilweise jedoch so hoch, dass sogar Verluste ausgeschrieben werden mussten. Das Eigenkapital schrumpft seit Jahren. Die damit verbundene Eigenkapitalquote, welche als Kennzahl für die wirtschaftliche Eigenfinanzierungskraft zählt, schmilzt ebenso dahin. Ob Näder in dieser Betriebswirtschaftsvorlesung nicht anwesend war, bleibt fraglich. Und gerade als Vorstandsvorsitzender sollte man auf jeden Fall anders agieren und ein Unternehmen führen, für welches 8.200 Mitarbeiter tätig sind. Business Insider (07. Juli 2021)

Weitere kostspielige Hobbys

Neben der Kunsthalle in Duderstadt ist Näder Eigentümer der finnischen auf Segelyacht spezialisierten Werft Baltic Yachts mit Hauptstandort in Jakobstad. Aus dieser Werft stammen seine beiden Luxusyachten, die „Pink Gin" und die „Pink Gin VI". Beide zusammen haben einen Wert von über 100 Millionen Euro. Namensgeber und Merkmal beider Yachten sind die riesigen pinken Segel, welche über 55 Meter in die Höhe ragen. Die Extravaganz zieht sich durch alle Lebensbereiche von Hans Georg Näder.