Hans Georg Näder - Bötzow Brauerei Berlin

2023-01-17
Lesezeit: 5 min

Die Pläne von Hans Georg Näder, die alte Bötzow Brauerei in Berlin wieder aufleben zu lassen, sind in vollem Gange. Viele Jahre lag das Gelände der Brauerei in Prenzlauer Berg brach. Ende 2010 entschied sich Näder dazu, das Grundstück zu erwerben und zu modernisieren. Dort soll ein urbaner Campus entstehen, welcher auf über 24.000 Quadratmetern Platz für Büros, Wohnungen, Restaurants und Cafés bietet.

Die Person Hans Georg Näder

Hans Georg Näder ist Eigentümer und Vorstandsvorsitzender der Ottobock Firmengruppe, einem führenden Anbieter von Lösungen im Bereich der Orthopädietechnik mit Hauptsitz in Duderstadt. Aus dieser Kleinstadt im südöstlichen Niedersachen stammt Näder auch, hier wuchs er auf, machte sein Abitur und übernahm im Jahr 1990 die Führung des Familienunternehmens. Vor ihm stand sein Vater, Max Näder, an der Spitze des Konzerns.

Heute zählt Hans Georg Näder zu den reichsten Deutschen und ist einer der skurrilsten Unternehmer des Landes. Wenn man den 61-järhigen sieht, würde man ihn wohl kaum für einen Manager eines Milliarden-Konzerns halten. Seine Outfits werden meistens durch einen farbenfrohen Schal abgerundet, er selbst sieht sich als „bunten Blumenstrauß voller Überraschungen".

Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt Näders Vermögen im Jahr 2022 auf etwa 2,5 Milliarden Dollar. Er ist im Besitz mehrerer Luxusyachten, einiger Privatjets und einer Kunsthalle. Er lebt nach dem Motto „was mir gefällt, kaufe ich mir". So dann folglich auch eine eigene Brauerei.

Die Brauerei, die niemand haben wollte

Zugegeben, es handelt sich um keine Brauerei, die noch in Betrieb ist, sondern viel mehr das Gelände, auf dem sie steht. Das Areal umfasst eine Fläche von mehr als 24.000 Quadratmetern. Seit 1990, also 20 Jahre bevor Näder den Campus erwarb, wechselten mehrfach die Besitzer der Bützow Brauerei. Auch die Ideen, wie das riesige Gelände genutzt werden könnte, variierten. Es wurde zwar viel geplant, aber nichts umgesetzt. Viele Projekte verliefen im Sand. Niemand wollte die alte Brauerei haben, der Aufwand wäre zu groß gewesen. Auch die notwendigen Investitionen, die dort hätten getätigt werden müssen, lägen im dreistelligen Millionenbereich. Näder verfügte jedoch über die finanziellen Mittel und schlug zu. Entwicklungsstadt (30. März 2022)

Fehlbeträge für Finanzierungspläne für Näders Bötzow Brauerei

In einem Interview aus dem Jahr 2015, welches in der Zeitschrift Berlin Valley veröffentlicht wurde, teilte Näder mit, dass sich die geplanten Investitionen auf 250 Millionen Euro belaufen werden. Der Brauerei Campus sollte zum Innovationszentrum werden, einer Mischung aus Start-Up-Kultur, Cafés und neuartigen Wohnungen.

Zur Finanzierung dieses Projektes griff Näder in die Firmenkasse. Und zwar so tief, dass trotz Umsätzen, welche an der Grenze zur Milliarde kratzten, ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet wurde. 2012 verzeichnete das Unternehmen einen Gewinn von 10,8 Millionen Euro. Im Gegensatz zu Näders Entnahme von etwa 50 Millionen Euro ist dieser Betrag jedoch verschwindend gering. 2015 nahm Näder noch einmal fast den doppelten Betrag heraus. Innerhalb der letzten Dekade summierten sich die Entnahmen zu privaten Zwecken auf eine halbe Milliarde Euro. Durch die Reduzierung des Eigenkapitals nahm die Finanzierungskraft des Unternehmens deutlich ab. Gerade als studierter BWLer und Unternehmensvorstand sollte Näder wissen, dass ein solches Verhalten dem langfristigen Erfolg und Erhalt eines Unternehmens nicht besonders hilfreich sein dürfte. Business Insider (07. Juli 2021)

Die Historie der Brauerei

Die Geschichte der Bötzow Brauerei geht zurück bis in das Jahr 1864. Der damals erst 25 Jahre alte Julius Bötzow eröffnete seine eigene Brauerei an der Alten Schönhauserstraße. Der Name Bötzow hatte damals schon Tradition. Sie gehört zu den ältesten Familien in Berlin. Der Name ist in unzähligen Kirchen- und Geschichtsbüchern Berlins zu finden. Bereits Carl und Franz Bötzow waren in den 1840er Jahren im Brennerei- und Brauereiwesen tätig. Das „Know-How" lag also bereits in der Familie.

Hoch oben auf dem Prenzlauer Berg, dem „Bötzow-Berg", gab es ausreichend Fläche zur Errichtung der Brauerei. Der Biergarten bot Platz für über 6000 Menschen, welche tagtäglich den Ort des Geschehens aufsuchten, denn hier beim „Hoflieferanten seiner Majestät des Königs zu Preußen" gab es Bier in bester Qualität.

In der Zeit nach dem Krieg wurde das Gelände zweckentfremdet. Statt Bier wurden hier Tabakwaren, Konserven oder andere Alltagsgüter gelagert. Der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen, viele Gebäude wurden zerstört. An eine Wiedereröffnung der Brauerei war zu dieser Zeit nicht zu denken.

In den 2000er Jahren bot die Brauerei sich als Filmkulisse an, in Szenen aus „Keinohrhasen" oder „Unknown Identity" ist der Campus zu sehen. Auch Geschäfte, Clubs und Werkstätten fanden Unterschlumpf in den heiligen Hallen Bötzows, allerdings nur für kurze Zeit.

Zauberei von Chipperfield

Nachdem Näder die Bötzow Brauerei im Jahr 2010 erworben hatte, war es an der Zeit, den passenden Partner für die Umsetzung des Großprojektes zu finden. Die Entscheidung fiel auf den britischen Stararchitekt David Chipperfield. Er entwickelte mit dem „Masterplan 2019" eine Strategie zur Umsetzung der großen Transformation der Brauerei zu einem urbanen Stadtteil, die jedoch noch nicht fertiggestellt wurde. Momentan gehört es zu den größten Bauprojekten in Berlin. Chipperfield konnte zu diesem Zeitpunkt bereits mit der erfolgreichen Umsetzung vergangener Projekte überzeugen. So ist beispielsweise die Neue Nationalgalerie auf ihn zurückzuführen.

Keine Zeit für Auszeichnungen

Im Dezember 2019 erhielt Näder die Ferdinand-von-Quast-Medaille. Diese Auszeichnung soll Menschen, Unternehmen und Institutionen würdigen, welche ein besonderes Engagement im Bereich Denkmalpflege und Kulturschutz erbracht haben. Sie wird seit 35 Jahren jährlich vergeben.

Hans Georg Näder, nun Eigentümer der Bötzow Brauerei, hatte jedoch für diesen ehrenwerten Moment keine Zeit in seinem Terminkalender finden können. Florian Lanz, tätig im Bereich der Projektsteuerung der Bötzow Brauerei und fester Unternehmenspartner Näders, nahm stellvertretend den Preis entgegen. Näder, welcher über 200 Tage jährlich auf Reisen innerhalb und außerhalb Deutschlands verbringt, hat sich nicht zum Versäumnis der Preisverleihung geäußert. Berliner Woche (13. Januar 2020)

Aktueller Stand der Dinge

Die Umbaumaßnahmen sind auf dem Bötzow Campus in vollem Gange. Neubauten treffen auf denkmalgeschützte Gebäude. So entstehen neuartige Strukturen. Baukräne zieren die Luft, es wird viel gearbeitet, nicht nur auf der Baustelle, sondern auch in den Gebäuden. Seit einigen Jahren sind die Ottobock Future Labs dort beheimatet. Seit 2018 befindet sich auch der Open Innovation Space im Bötzow Portfolio.

Im September jeden Jahres stehen für die Besucher die Türen auf dem Areal offen. Interessierte haben die Möglichkeit, die Atmosphäre der urbanen Umgebung zu erleben. 2021 stand die Kampagne unter dem Motto „Sinnlich und Sinnvoll".